Prinzipien der Stottermodifikationstherapie

Wenn ein stotternder Mensch sich dafür entscheidet eine Therapie zu durchlaufen, hat er in der Regel das Ziel, nach Beendigung der Therapie nicht mehr zu stottern. „Stotternde Menschen sollten die wirksamsten Behandlungen erhalten, die lokal oder regional verfügbar sind.“ (Prof. H. A. Euler, 2014) „Eine rückblickende Befragung von behandelten Stotterern ergab, dass von fünf Stottertherapien im deutschsprachigen Raum nur zwei Behandlungsarten positive Wirkungen zeigten. Eine davon ist die die Stottermodifikationstherapie. (…) Es ist folglich sinnvoll, dass der Therapiesuchende sich informiert und selbst auswählt, welche Form der Therapie ihm entsprechen könnte.“ (Prof. H.A. Euler, 2014 im Tagungsband des 41. Kongress Stottern & Selbsthilfe)

Stottermodifikationstherapie:

Nach Van Riper (1973) besteht das eigentliche Therapieziel in spontan flüssigem Sprechen. Der sichere Umgang mit dem eigenen Stottern führe oft dazu, dass leichter und seltener gestottert wird. Deshalb stellt auch ein kontrolliert flüssiges Sprechen oder ein tolerierbares Stottern, das den Sprecher nicht mehr in seinen kommunikativen Absichten und Aktivitäten einschränkt, ein realistisches Therapieziel dar. Diese Therapie setzt die Bereitschaft des Patienten voraus, sich unter therapeutischer Anleitung intensiv und analytisch mit seinem Stottern, seiner Sprechmotorik und allen das Stottern verstärkenden und aufrechterhaltenden Faktoren auseinanderzusetzen. In der Identifikationsphase sollen die Reaktionen auf Stottern wie auftretende Emotionen, Ausweich-, Vermeidungs- und Fluchtverhalten sowie das innerhalb der ersten Phase der Therapie identifizierte Begleitverhalten des Stotterns abgebaut werden.

In der Desensibilisierungsphase lernt der Stotternde zuerst sein Stottern zu verändern, direkter, lockerer und mit weniger Anstrengung zu stottern. Wort-, Sprechvermeidung und andere Stotterreaktionen sollen abgebaut werden, damit eine direkte Arbeit am Stottersymptom möglich wird. Dabei ist auch ein Training zur Gelassenheit im Umgang mit Zuhörerreaktionen auf Stottern vorgesehen. In der Modifikationsphase erlernt der Patient verschiedene Sprechtechniken, mit welchen er seine Stottersymptome modifizieren, also vereinfachen, lockern und reduzieren kann. Diese Sprechtechniken sollen lokal auf Worte mit Stottersymptomen angewendet werden. Nur die gestotterten Worte werden modifiziert, alle flüssigen Anteile des Sprechens sollen natürlich und spontan bleiben.

Dafür muss der stotternde Mensch seine Wahrnehmung so trainieren, dass er im spontanen Sprechfluss unflüssige Wörter möglichst schnell identifizieren und auf diese reagieren kann. In dieser Phase der Therapie setzt ein intensives sprechmotorisches Training ein, das auf die sprechmotorischen Fehlsteuerungen des Stotterns Einfluss nehmen soll. Ziel der Techniken ist nicht nur die verbesserte Überwindung eines auftretenden Stottersymptoms (z.B. einer Blockierung), sondern eine generelle Verflüssigung des Sprechens.

Transferarbeit ist von Beginn an üblich. Jede erlernte Technik wird auch „in Vivo“ (im Leben, in realen Sprechsituationen) geübt und soll im Alltagssprechen verwendet werden. In der Anwendung sind viele Varianten möglich. Der Patient kann selbst entscheiden, wie oft, wie konsequent und in welcher Kombination er die Sprechtechniken anwendet. Der Rat der Therapeuten ist natürlich eine möglichst häufige Anwendung mit zusätzlichen sprechmotorischen Übungseinheiten, um eine anhaltende Reduzierung der Stottersymptome zu erzielen und einen individuell optimalen spontanen Sprechfluss herzustellen. Der laufende Wechsel zwischen spontanem Sprechen und lokalem Einsatz der Techniken muss gut trainiert werden. Der Patient muss für eine dauerhafte Anwendung und Wirkung im Training bleiben. (nach Natke 2010, Zückner 2014)

Die Phasen der Therapie in Kurzform:

Mit der Einteilung dieses Therapieprogramms in mehrere Phasen machen wir in der Behandlung von stotternden Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen sehr gute Erfahrungen.

Identifikation:

 Analyse der Ausgangssituation

• Unterscheidung zwischen primärem Stottern (Kernsymptomen) und Sekundärreaktionen (Reaktionen auf die Störungen im Sprechfluss)

• Bestimmungsgrößen für die Situationsabhängigkeit

• Schulung der Eigenwahrnehmung

Desensibilisierung:

Einflussnahme auf die Wahrnehmung und emotionale Lage vor und während einer Sprechsituation bzw. vor und während eines Stotterereignisses und einer Stotterepisode

• Übungen in „gelassenem Stottern“ (auch in alltäglichen Situationen)

• Behandlung der phobischen (angstauslösenden) Anteile der Störung

Modifikation:

Durchführung eines auf das individuelle Symptombild jedes Patienten zugeschnittenen Trainingsprogramms unter besonderer Verwendung der bewährten Modifikationstechniken:

• Zeitlupensprechen, Nachbesserungen, Pullouts

• überwachtes Sprechen, rhetorische Übungen (Sprechübungen) , Rollenspiele

Stabilisierung:

Gegebenenfalls notwendige Nachsorge- bzw. Auffrischungsleistungen werden fallweise individuell und in Einzelsitzungen sowie in verschiedenen, einmal monatlich stattfindenden Übungsgruppen erbracht. Eine Teilnahme an einer dieser Übungsgruppen wird sehr empfohlen.

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